Prävention soll früh einsetzen
Das Phänomen Schulabsentismus kommt auf allen Schulstufen vom Kindergarten bis und mit der Berufsausbildung vor. Untersuchungen (vgl. Thimm & Ricking, 2004; Michel & Richter, 2004) zeigen, dass sich erste Tendenzen von schulabsentem Verhalten bereits in der Unterstufe erkennen lassen und eine Zunahme von Schulversäumnissen mit steigendem Alter zu beobachten ist. Die Zeit zwischen dem 12. und 14. Lebensjahr wird dabei als besonders sensibel in Bezug auf eine Verfestigung des Verhaltens beurteilt.
Präventive Massnahmen gegen schulabsentes Verhalten sollten deshalb möglichst früh beginnen, den prozesshaften Entwicklungscharakter des Phänomens berücksichtigen und dem Übertritt von der Primar- in die Oberstufe besondere Aufmerksamkeit schenken.
Die Massnahmen zielen auf alle Schülerinnen und Schüler ab und finden im Idealfall noch zu einem Zeitpunkt statt, wo die Entwicklung und Förderung der Ressourcen und Schutzfaktoren von Schulabsentismus im Mittelpunkt stehen. Ziel ist es, das Wohlbefinden, die Atmosphäre und die Identifikation mit der eigenen Schule zu steigern. Allenfalls kann dadurch bereits eine potenzielle Risikogruppe von Schülerinnen und Schülern erreicht und die Anzahl möglicher massiver schulabsenter Jugendlicher verringert werden.

Ressourcen und Schutzfaktoren
Nach Kutner (1995), Ricking (2006) und Thimm (2003) sind im schulischen Umfeld besonders die folgenden Schutzfaktoren bedeutsam:
- mindestens eine stabile und verlässliche Bezugsperson
- Eltern, die sich für ihr Kind interessieren
- Erwachsene, die die Schülerinnen und £Schüler ermutigen
- eine positive Schulkultur und ein angenehmes Schulklima
- eine hohe Selbstwirksamkeit und ein positives Selbstwertgefühl
- schulische Erfolgserlebnisse erfahren (unabhängig von der eigenen Leistungsfähigkeit)
- eine hohe Identifikation mit der Schule
- eine angemessene schulische Unterstützung
- eine ausreichende Sprach- und Lesekompetenz
- schulengagierte Freunde
- befriedigende, herausfordernde Freizeitinteressen
- Motivation zum regelmässigen Schulbesuch
Die erwähnten Faktoren gelten jedoch nicht ausschliesslich in Bezug auf schulabsentes Verhalten, sondern können auch Auswirkungen auf weitere unerwünschte Verhaltensweisen (wie z.B. Sucht, Gewalt usw.) zeigen.
Massnahmen
Wirkungsvolle Massnahmen erfolgen meist nicht einzeln, sondern werden kombiniert und betreffen unterschiedliche Ebenen (z.B. Schule, Klasse, Elternarbeit, Kooperation mit ausserschulischen Partnern).
Schulebene: Lehrpersonen und Schulleitung
Die schulischen Massnahmen zur Verhinderung von Schulabsentismus sind vielfach nicht nur im Hinblick auf das Schwänzverhalten von Bedeutung, sondern beeinflussen auch das allgemeine Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen oder die Beziehungsebene in der Schule. Schülerinnen und Schüler wünschen sich eine Schule, an der sie sich wohlfühlen und mit der sie sich identifizieren können.
Als äusserst wichtige Faktoren gegen schulabsentes Verhalten erweisen sich eine gute Lehrpersonen-Schüler-Beziehung sowie Ansprechpersonen, welche den Jugendlichen zur Verfügung stehen. Von grosser Bedeutung sind ferner
- ein interessanter Unterricht, bei welchem die Schülerinnen und Schüler auch aufgrund ihrer individuellen Leistungen gefördert werden
- ein positives Schulklima
- Partizipation in der Schule und Klasse
- klare Schulregeln und eine Absenzenordnung
- emotionale Sicherheit für die Schülerinnen und Schüler
- gegenseitige Wertschätzung
- Pflege und Förderung des Elternkontaktes
Kontakt zwischen Schule und Elternhaus
In welcher Form kann der Kontakt zwischen Schule und Elternhaus im Zusammenhang mit schulabsentem Verhalten gefördert werden?
- Themenbezogenen Elternabend, -brief oder Anlass organisieren
- Elterninformationsblätter (Flyer, Checklisten, Leitfäden …) zum Schwerpunktthema Schulabsentismus erarbeiten
- Eltern ins Schulgeschehen einbinden, z.B. einen Elternrat einführen, Beteiligung der Eltern an der Schul- und Unterrichtsgestaltung
- Elternberatung in Erziehungsfragen, Förderung der Erziehungskompetenz der Eltern
- Regelmässige Entwicklungs-, Förderplanungs- und Beurteilungsgespräche gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern durchführen
- Schulordnung und Absenzenordnung beim 1. Elternabend in der Oberstufe besprechen und von den Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern unterzeichnen lassen
Zusammenarbeit mit Fachpersonen
Die Kooperation zwischen Schule, Schulsozialarbeit, Jugendberatung und dem Schularzt/der Schulärztin kann vieles zur Prävention beitragen. Sie wird dann besonders wichtig, wenn erste Auffälligkeiten durch gehäuftes Fehlen im Unterricht in Erscheinung treten.