Vermischung von Fantasie und Realität
Die Fantasie jugendlicher Schulattentäter – als Beispiele können die beiden Täter von Columbine genommen werden – ist in der Regel von intensiven und destruktiven Inhalten erfüllt, die sich vor der Umsetzung ihrer Taten in Aufzeichnungen, Aussagen oder kreativen Ausdrucksmöglichkeiten niederschlagen, so auch in eigens dazu produzierten Videos. Fantasie und Realität können sich dabei vermischen.
Gewaltbereitschaft – Zusammenspiel vieler Faktoren
Bei schweren Gewalttaten von Jugendlichen werden die Ursachen fast reflexartig in der Präsenz neuer Medien gesucht. Ein direkter derartiger Zusammenhang konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Die aktuelle Forschung (z.B. Steiner, 2009) verweist auf den Umstand, dass Medienwirkungen nicht unabhängig von persönlichen, sozialen und medialen Faktoren beurteilt werden können. Auch in der Medienforschung wird von Risikofaktoren gesprochen, welche die Gefährdung durch Mediengewaltkonsum erhöhen.
Steiner (2009) erwähnt folgende Risikofaktoren:
- elterliche Vernachlässigung und Ablehnung, fehlendes Interesse der Eltern an den Kindern; familiäre Konflikte, familiäre Gewalt; hoher oder exzessiver Medienkonsum der Eltern
- frühes Einstiegsalter in den Mediengewaltkonsum (unter 12 Jahren); audiovisuelle Medien im Kinderzimmer; hoher oder exzessiver Konsum
- aggressive Persönlichkeitsdisposition bereits im Frühkindesalter; Introvertiertheit, Ängstlichkeit
- Gewaltdarstellungen ohne Vermittlung der Ursachen und der Folgen; exzessive und / oder reale Gewaltdarstellungen
Medienkonsum und Gewalttat ohne direkten Zusammenhang
Der Konsum von Mediengewalt führt demnach nicht unweigerlich zu gewalttätigem Verhalten, denn in den komplexen Entstehungsbedingungen von Gewalttaten kann dieser nur einen von vielen Faktoren bilden.
Jugendliche, die sich mit Schulattentaten beschäftigen, neigen dazu, sich entsprechende Filme mit Gewaltdarstellungen anzusehen. Vielleicht entdecken sie dabei Gewaltanwendungen, deren sie sich auch bedienen wollen. Vielleicht identifizieren sie sich wirklich mit sogenannten Ego-Shootern in Filmen. Insofern gehören Jugendliche, die sich mit Schulattentaten beschäftigen, auch bezüglich des Medienkonsums zu einer Risikogruppe. Trotzdem wäre es nicht richtig, bei jedem, der sich solche Filme ansieht oder entsprechende Videospiele spielt daraus zu schliessen, dass er ein Schulattentat plant.
Auffälligkeiten als Warnzeichen ernst nehmen
Wenn allerdings Jugendliche durch häufigen Konsum solcher Filme, Musik oder Spiele auffallen und parallel dazu Gewaltfantasien äussern oder sich andere Warnzeichen oder kritische Faktoren zeigen, dann besteht durchaus Anlass, sich solcher Jugendlichen anzunehmen und genauere Abklärungen zu treffen.