Lehrplan / Curriculum
Gewaltprävention ist Teil des Lehrplans und wird entsprechend im Unterricht und im Schulgeschehen gemäss diesen Vorgaben umgesetzt. Aktuelle Unterrichtssituationen lassen sich nutzen, um (Schul-)Gewalt und Sicherheit mit Schülerinnen und Schülern zu thematisieren. Die Sozialkompetenz von Schülerinnen und Schülern sowie deren Belastbarkeit werden gemäss Lehrplanvorgaben gefördert. Dazu werden anerkannte Programme zur Gewaltprävention genutzt, die eine positive und sichere Schulumgebung unterstützen.
Vorbereitung auf Bedrohungslagen
Schulen müssen auf Bedrohungslagen vorbereitet sein. Ein spezielles Augenmerk ist auf «Trittbrettfahrer» und «Jahrestage» von Schulattentaten zu richten. Hier gilt es, wachsam zu sein. Lehrpersonen und weitere Mitarbeitende der Schulen werden über Abläufe in Notfällen und Krisen informiert und im Umgang damit geschult. Eine solche Schulung ist für Schülerinnen und Schüler nicht nötig, sie könnte sogar kontraproduktiv sein.
Weiterbildung für Lehrpersonen
Lehrpersonen müssen schliesslich darauf vorbereitet werden, wie sie reagieren sollen, wenn sie Kenntnis erhalten, dass von einem Schüler bzw. einer Schülerin eine Bedrohung ausgehen könnte. Ein angemessenes Vorgehen berücksichtigt, dass ein potenzieller Täter schnell und effektiv erkannt und in seinem eventuellen Tun gestoppt werden kann. Es bedeutet auch, dass Schülerinnen oder Schüler nicht unnötig verdächtigt oder dass bestimmte Verhaltensweisen nicht überinterpretiert werden. Bei haltlosen Verdächtigungen ist oft ein weiterer Schulbesuch fast nicht mehr möglich. Ein zu Unrecht verdächtigter Schüler sollte seine Schule problemlos weiterbesuchen können.
Konzepte und Regelwerke
Ein Krisenkonzept bzw. ein Notfallhandbuch dient der Vorbereitung auf Bedrohungslagen und der Beurteilung von Gefahrensituationen. Das Notfallhandbuch muss regelmässig den veränderten Gegebenheiten angepasst und überarbeitet werden.
Verbindliche Schulhausregeln
Für ein positives Zusammenleben in der Schule braucht es Regeln, deren Einhaltung verbindlich ist und einheitlich eingefordert wird. In einem allen zugänglichen Regelwerk sind sie zusammengestellt.
Interne und externe Unterstützungsmöglichkeiten für Lehrpersonen
Lehrpersonen, Schulleitungspersonen sowie Schulbehörden können immer wieder in Überforderungssituationen geraten, speziell bei der Betreuung von verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern. Der Zugang zu Supervisionsangeboten (Einzel- und Gruppensupervision) hilft, sich beraten zu lassen.
Interne und externe Unterstützungsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler
Weiter braucht es Konzepte zur Unterstützung aller Schülerinnen und Schüler im Bereich psychischer Gesundheit, nicht nur für solche mit einem hohen Risiko. Diese Unterstützung umfasst Angebote in als auch ausserhalb der Schule. Für Schülerinnen und Schüler mit einem hohen Risiko müssen sie unverzüglich zur Verfügung stehen.
Zusammenarbeit mit Behörden und Eltern
Wichtige Partner im Rahmen der Prävention und Früherkennung sind die Behörden und die Eltern. Die Beziehungen zu beiden Seiten sind intensiv zu pflegen.
Früherkennung
Von der Realisierung der eigenen misslichen Situation bis zur Ausführung von zielgerichteter schwerer Gewalt an Schulen vergehen in der Regel Wochen bis Monate oder sogar Jahre. In diesem Zeitraum senden praktisch alle Attentäter sogenannte Warnhinweise aus. So gibt es entsprechende Aussagen von überführten Schulattentätern, die unbedingt ernst genommen werden müssen: «… wenn mich damals jemand gestoppt hätte, wäre es nicht zum Attentat gekommen!»
Es kann generell davon ausgegangen werden, dass potenzielle Schulattentäter von ihren Vorstellungen und Plänen berichten. Fast immer erzählen sie Klassenkameradinnen oder -kameraden davon. Diese müssen sich vertrauensvoll und ohne Angst vor Repressionen an Erziehungspersonen wenden können, wenn sie bei anderen Auffälligkeiten feststellen. Ebenso ist die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule von grosser Bedeutung. Das Bewusstsein, dass die Sicherheit der Schule in der Verantwortung aller liegt, muss vielerorts noch (weiter-)entwickelt werden
Kritische Faktoren
Das Auftreten einzelner Warnhinweise ist in der Regel noch nicht alarmierend. Je mehr kritische Faktoren bei jemandem wahrgenommen werden und je mehr diese mit der tatsächlichen Situation der betroffenen Person korrespondieren, desto ernster ist die Lage. Gewalt und Aggression sind immer im jeweiligen Kontext zu verstehen. Sie lassen sich aus der Lebenssituation, dem sozialen Verhalten, den Äusserungen gegenüber Dritten und dem Erscheinungsbild erschliessen. Ebenso ist der Entwicklungsstand eines Kindes oder Jugendlichen zu berücksichtigen.
Entlastende Faktoren
In die Einschätzung der Gefährlichkeit eines potenziellen Täters sind auch entlastende Faktoren einzubeziehen. Diese finden sich vor allem in der Lebenssituation und im sozialen Verhalten.
Gespräche mit betreffenden Jugendlichen und nahen Bezugspersonen
Wenn Drohungen ausgesprochen wurden, unabhängig des Schweregrades, ist ein Gespräch mit dem betreffenden Jugendlichen und seinen Eltern als nächsten Bezugspersonen zwingend. Allenfalls sollen auch Gespräche mit weiteren nahen Bezugspersonen wie Schulfreunden, Vereinsfreunden etc. in Betracht gezogen werden. In einem solchen Gespräch hat die Sorge um den Jugendlichen ihren Platz.
Um den Kontext des Geschriebenen, Gemalten, Gezeichneten oder anderweitig Dargestellten zu verstehen, ist es wichtig, dass dem potenziellen Täter und/oder nahen Bezugspersonen detaillierte Fragen gestellt werden. Dabei soll beharrlich und präzise nachgefragt werden. Bei allen Darstellungen ist von der Annahme auszugehen, dass Gewalt ausgeübt werden soll. Es ist also wichtig festzustellen, ob der Täter über Waffen Bescheid weiss und ihm solche zugänglich sind. Es ist allen Hinweisen, auch nonverbalen, nachzugehen.
Informationsquellen zur Vorbereitung eines Gespräches:
- Berichte über aktuelle und zurückliegende Schulleistungen
- Berichte über das aktuelle und zurückliegende Verhalten
- Informationen aus bisherigen Kontakten zu Eltern und anderen Bezugspersonen
- Gezieltes Einholen von Hintergrundinformationen, z.B. bei den Lehrpersonen, beim Hausdienst, bei Mitschüler(inne)n, bei betroffenen bzw. bedrohten Personen usw.
- Vorkommnisse bei der Strafverfolgungsbehörde
- Berichte anderer involvierter Beteiligter oder Behörden
- Funde beim Jugendlichen aus Schultaschen, aus Schliessfächern, Autos und Wohnungen
- schriftliche oder zeichnerische Darstellungen in verschiedenen Medien, inkl. Internet
Ziele des Gespräches mit dem betreffenden Jugendlichen:
- die Bedrohungssituation allgemein und die Beziehung zum Opfer zu betrachten
- die Botschaft zu vermitteln, dass das Verhalten des Jugendlichen bemerkt wurde und Besorgnis weckt
- dem Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, seine Geschichte zu erzählen und ernst genommen zu werden
- dem Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten neu zu bewerten und zu verändern
- kritische und entlastende Faktoren der Lebenssituation und des Verhaltens mit dem Jugendlichen zu klären
Ziele des Gespräches mit nahen Bezugspersonen, insbesondere mit den Eltern oder dem Vormund:
- Eltern bzw. Vormund über ihr Wissen zur Drohung zu befragen
- die Bereitschaft der Eltern zu klären, einen Sicherheitsplan zu unterstützen und das entsprechende Einverständnis zu geben
- die Haltung der Eltern gegenüber Schule und Polizei zu klären
- kritische und entlastende Faktoren der Lebenssituation und des Verhaltens des Jugendlichen mit den Eltern zu klären