Universelle Prävention
Sie zielt auf die Systeme wie Klasse, Stufe, Schulhaus und andere. Pädagogische Massnahmen in diesem Bereich fokussieren weniger auf Verhinderung, vielmehr wollen sie bereits bestehende erwünschte Haltungen stärken. So gehört sicher das Thematisieren der Haltung gegenüber anders Lebenden / Denkenden, die Entwicklung von Lebenskompetenzen sowie die Stärkung des subjektiven Sicherheitsgefühls dazu. In der Schule, aber auch in der Jugendarbeit ist diese Präventionsebene von sehr grosser Bedeutung.
Klassenklima und Beziehungsgestaltung
Ein unterstützendes, wohlwollendes und wertschätzendes Klima innerhalb der Klasse, aber auch in der gesamten Schule trägt wesentlich dazu bei, dass sich Kinder und Jugendliche akzeptiert und aufgenommen fühlen. Alles, was dazu beiträgt, dass der Lebensraum Schule für alle und mit allen gestaltet wird, vermindert die Ausgrenzung.
Wissensvermittlung
An den Schulen der Deutschschweiz werden in Fächern wie Ethik, Religionen, Gemeinschaft (ERG) auch die Weltreligionen thematisiert. Ziel dieses Unterrichts ist, das gegenseitige Verständnis für unterschiedliche religiöse Lebens- und Werthaltungen und den Respekt gegenüber anderen religiösen Traditionen und Überzeugungen zu fördern. Weiter werden auch in Unterrichtseinheiten im Fach Medien und Informatik den Schülerinnen und Schülern die Chancen und Gefahren des Internets und der sozialen Medien aufgezeigt und verdeutlicht.
Ebenfalls ist im Lehrplan Volksschule die Vermittlung von Grundlagen über Politik, Demokratie und Menschenrechte verankert. Die Themen Extremismus, Terrorismus und dschihadistische Radikalisierung können insbesondere auf der Oberstufe, beispielsweise unter Einbezug von aktuellen Artikeln aus der Presse mit entsprechenden Unterrichtsmaterialien, diskutiert und bearbeitet werden.
Erziehungspartnerschaft und Zusammenarbeit mit Eltern
Eltern sind die wichtigsten Bezugspersonen ihrer Kinder. Eltern sollte durch Weiterbildungen und Gesprächsangebote Wissen vermittelt werden, früh zu erkennen, «was da nicht stimmt». Wichtig wäre es auch, Elternveranstaltungen in Klassen oder auf Schulebene mit Dolmetschern zu veranstalten, damit Eltern, die nicht sicher in der deutschen Sprache sind, ihre Fragen, Erfahrungen und Sorgen mitteilen können. Denn Schulgemeinschaft und gemeinsame Verantwortung setzt die Teilhabe aller voraus.
Selektive Prävention
Auch diese Ebene spielt in Schule und Jugendarbeit eine wichtige Rolle. Es können indirekte und direkte Massnahmen unterschieden werden. Direkte Massnahmen sind pädagogische Massnahmen, die sich an junge Menschen mit erhöhten Risiken richten. Weiter zählen dazu Fachberatungen und Informationsveranstaltungen für Schülerinnen und Schüler, an denen zum Beispiel Aussteiger authentisch über ihre Erfahrungen mit der entsprechenden Szene berichten. Zu den indirekten Massnahmen zählen Weiterbildungen für Lehrpersonen und Schulleitungen sowie für Fachpersonen der Kinder und Jugendarbeit, die unter anderem über Phänomene der Radikalisierung informieren und Handlungsoptionen aufzeigen.
Es geht es ums Wahrnehmen und Erkennen von multiplen und verschiedenartigen Risikofaktoren bei Jugendlichen, denen wenige Schutzfaktoren zur Verfügung stehen. Es ist ratsam, ein wachsames Auge auf die Internetaktivitäten von (gefährdeten) Jugendlichen zu haben. Die Schule kann die aus der Balance geratene Situation von Risiko- und Schutzfaktoren durch pädagogische Massnahmen teilweise oder vollständig wettmachen.
Schulsozialarbeit
Eine wichtige Rolle bei der Früherkennung von Radikalisierungstendenzen spielt neben den Lehrpersonen die Schulsozialarbeit. Gerade Schulsozialarbeitende erfahren als Vertrauenspersonen von Schülerinnen und Schülern oft frühzeitig von Krisen und Problemen und wissen, wie im Ereignisfall vorzugehen ist.
Indizierte Prävention
Sie zielt mit ihren Massnahmen auf Personen, die bereits manifeste Problemlagen aufweisen. Es geht also um junge Menschen, die sich bereits radikalisiert haben oder sich im Prozess der Radikalisierung befinden.
Massnahmen und pädagogische Interventionen sollen hier Radikalisierung unterbrechen. Ferner geht es darum, junge Menschen aus extremistischen Bewegungen herauszulösen und Rückfälle zu verhindern. Die indizierte Prävention stellt an die Präventionsakteurinnen und -akteure hohe Anforderungen. Im schulischen Kontext liegt sie nicht in den Händen der Lehrpersonen, sondern bei den spezialisierten schulinternen und -externen Fach- und Beratungsstellen.
Zu den indirekten Massnahmen zählen hier zum Beispiel zertifizierte Weiterbildungen für Lehrpersonen und Fachpersonen der Kinder und Jugendarbeit, die in mehreren Modulen detailreiches Wissen über Radikalisierungsverläufe vermitteln.
Bei Krisen und Bedrohungen kann im Kanton St.Gallen die Kriseninterventionsgruppe KIG resp. die Fachstelle FAREX einbezogen werden. Neben der eigentlichen Intervention sollte bei der indizierten Prävention die Rückfallprävention nicht vergessen werden. Es geht darum, dass ein Rückfall in den Extremismus verhindert werden kann.