Am Beispiel der Gewaltprävention:
Dimensionen der Prävention
Zeitpunkt der Massnahme
Gewaltprävention kann früher oder später einsetzen. Je nach Ausprägung eines beobachteten Verhaltens oder je nach Bewertung einer Situation kann in unterschiedlicher Art und Weise gehandelt werden.
- Von Prävention ist die Rede, wenn Massnahmen darauf ausgerichtet sind, das Auftreten von Jugendgewalt beispielsweise durch die Reduktion von Risikofaktoren und die Stärkung von Schutzfaktoren zu verhindern.
- Von Früherkennung spricht man, wenn Massnahmen darauf ausgerichtet sind, die Beobachtung von Anzeichen von Jugendgewalt systematisch zu organisieren und den Austausch dieser Beobachtungen zu fördern.
- Frühintervention umfasst Massnahmen, die bei Anzeichen von Problemen oder ersten Vorfällen ansetzen, um eine Eskalation oder Verfestigung von Gewaltproblemen zu verhindern.
- Von Intervention ist die Rede, wenn Massnahmen bei bereits diagnostizierten Problemen ansetzen und im Falle einer erfolgreichen Intervention selbst eine präventive Wirkung entfalten (dergestalt, dass eine Verfestigung oder Folgeprobleme der Jugendgewalt verhindert werden).
Ebene der Prävention / Intervention
Die Präventions- und Interventionsmassnahmen werden allgemein in zwei Kategorien unterteilt: in verhaltensorientierte und in strukturelle Massnahmen. – Verhaltensorientierte Massnahmen zielen darauf ab, kognitive und soziale Faktoren sowie persönliche Verhaltensweisen zu beeinflussen.
- Als direkte Massnahmen werden Aktivitäten bezeichnet, die sich an die Jugendlichen selbst richten. Sie sollen deren Einstellungen und/oder Verhalten beeinflussen, das heisst erwünschtes, angemessenes Denken/Verhalten verstärken oder unangemessenes Verhalten verändern.
- Indirekte Massnahmen werden in einem bestimmten Setting (in einem Lebensbereich von Jugendlichen) umgesetzt (zum Beispiel Gewaltprävention in der Schule oder in einer Jugendgruppe). Oft richten sich diese Massnahmen vorerst an Bezugspersonen von Jugendlichen in einem Setting (zum Beispiel Lehrpersonen in der Schule oder Peers im Freizeitbereich), um sie mit Know-how, Fertigkeiten und Massnahmenideen auszustatten. Erst in einem zweiten Schritt arbeiten dann diese sogenannten Multiplikator(inn)en mit Kindern oder Jugendlichen in ihrem Umfeld. –
- Die strukturellen Massnahmen sind darauf ausgerichtet, in den Settings selbst (Sozialraum, Familie, Schule, Quartier usw.) soziale Determinanten (Einflussfaktoren) so zu gestalten oder zu verändern, dass Risiken reduziert und Schutzfaktoren aufgebaut werden.
Zielgruppen
Massnahmen der Gewaltprävention haben immer eine bestimmte Zielgruppe im Fokus.
- Viele präventive Programme richten sich an alle Mitglieder eines Systems, zum Beispiel einer Schule, und werden deshalb als universelle Massnahmen bezeichnet.
- Selektive Massnahmen richten sich an Personen mit gewissen Risiken für Gewaltverhalten. Das ist zum Beispiel bei Knaben der Fall oder bei Kindern und Jugendlichen, die einzelnen oder mehreren Risikofaktoren ausgesetzt sind (problematische Erziehungspraktiken der Eltern, gewaltbefürwortende Normen im Umfeld, usw.).
- Indizierte Massnahmen betreffen Menschen, die wiederholt gewalttätig waren oder schwere Gewaltformen angewendet haben. In der Regel handelt es sich hier um Interventionen, die in Richtung Therapie oder Strafvollzug gehen (zum Beispiel Antiaggressions-Training, Time-out usw.).