Schwieriges Gespräch führen
Wichtige Aspekte:
Konkret
Fragen an sich selbst vor dem Gespräch:
- Sich Notizen zur Gesprächsvorbereitung machen
- Tagesform? (falls müde, krank oder reduziert in der Energie > sollte wenn möglich der Termin verschoben werden)
- Mein Typ? (still oder aufbrausend, geduldig, detailbesessen oder grosszügig > Wie unterschiedlich sind die bald auf einander treffenden Gesprächspartner, was ist dabei zu beachten? [vgl. Gesprächsregeln])
- Welche Vorerfahrungen mit dem Gesprächspartner / der -partnerin müssen vom aktuellen Ereignis getrennt und separat geklärt werden?
- Subjektive Bewertung des aktuellen Ereignisses beachten (Wie stark oder wie harmlos trifft mich das Thema selbst, kann ich das Gespräch allenfalls delegieren?)
- Welche Vorurteile und Stereotypen könnten aufeinander treffen?
- Was triggert mich ggf.?
- Wer könnte mich unterstützen?
- Wo hole ich mir im Nachhinein Hilfe / Unterstützung?
Grundsätzlich
Menschen neigen dazu, sich besonders bei schwierigen Gesprächssituationen anhand von Vorurteilen und Gedankenmustern leiten zu lassen. Folgende sind dabei zu reflektieren:
- Stereotypen Effekt (z.B. alle Frauen sind kommunikativ, Mädchen sind wehleidig, Jungs weinen nicht, ältere Beschäftigte sind häufiger krank)
- Verzerrungseffekte (z.B. sogenannter Halo-Effekt [Halo = Lichtring um Sonne oder Mond] eine besonders auffällige Eigenschaft einer Person „überstrahlt“ z.B. Alter, Behinderung, Aussehen, Nationalität, Misstrauen, Ähnlichkeit)
- Primacy-Effekt (Primäreffekt oder: der erste Eindruck zählt, die Person erscheint dann durchweg sympathisch, offen, flexibel oder unsympathisch usw.)
- Mini-me-Effekt (Massstab der Ähnlichkeit, je ähnlicher eine Person mir selbst erscheint, also wie eine kleine Ausgabe von mir selbst ist, desto mehr ruft diese Ähnlichkeit Sympathie hervor, resp. umgekehrt.)
Konkret
Fragen an das geeignete „Setting“ vor dem Gespräch:
- Zeitpunkt / Dauer? (Wann im Laufe des Tages / Woche ist ein idealer Zeitpunkt, sodass nachher eine geordnete Rückkehr in den Alltag möglich ist?)
- Räumlichkeiten / Sitzordnung? (Welche Räumlichkeiten dienen [Zugang ist z.B. nicht einsehbar], welche Sitzordnung wäre gut [ums Eck, mit Tisch dazwischen, Blick des Gegenübers Richtung Tür / Fluchtmöglichkeit, evtl. offenes Fenster, evtl. etwas zum Trinken)
- „Verbündete“? (Wer könnte dabei sein als verbündete Person für mich oder als verbündete Person auf der Seite des Gesprächspartners / -partnerin (z.B. Sozialdienst, Ombudsstelle, SSA, SPD, Behörde)
- Schweige- / Meldepflicht? (Vor dem Gespräch muss allen klar sein, was mit den vor Ort ausgetauschten Informationen geschieht)
- Wo und wie kann ich mich im Nachgang kurz zurückziehen?
Beachten
Für die Kommunikation bei heiklen Themen eignet sich nur das gut vorbereitete Gespräch (Dialog). Vermeiden Sie darum zufälliges Begegnen und spontanes Ansprechen des Themas.
Eigene Grundhaltung gegenüber den Erziehungsberechtigten überprüfen:
- Die Erziehungskompetenz der Eltern nicht thematisieren oder anzweifeln
- Eltern / Erziehungsberechtigte sind Experten ihrer Familiensituation, sie auch als solche wahrnehmen und respektieren
- Wichtig: Unterschiedliche Kulturen = unterschiedliche Sozialisation und somit auch unterschiedliche Vorstellungen
- Stattdessen nach ihrer Erfahrung und Meinung zu den kindlichen Verhaltensweisen fragen
- Die gemeinsame Suche nach Ursachen und Lösungsmöglichkeiten sollte immer wieder ausdrücklich betont werden, um das Gefühl der partnerschaftlichen Vorgehensweise zu entwickeln
Grundsätzlich
Es stellen sich zwei wichtige Fragen:
- WER soll / muss dabei sein (Eltern, Lehrbetriebe, SPD, Bezugspersonen, Peers, Jurist. Fachperson etc.)
- WAS muss zwingend angesprochen werden oder darf nicht vergessen werden?
Konkret
Fragen an die angestrebten Ziele vor dem Gespräch:
- Persönlich?
(Was will ich unbedingt sagen, was nicht? Was will ich erreichen, was verhindern [wesentliches Ziel dabei: > der Gesprächspartner sollte nicht gedemütigt, beschämt resp. in seiner Person diskreditiert werden])
- Signalwirkung?
(Wird hier ein Exempel statuiert, eine Ausnahme gemacht? Soll also etwas Zusätzliches erreicht werden, was mit dem aktuellen Ereignis wenig zu tun hat?)
- Unternehmerisch / Leitbild?
(Muss im Sinne der Bildungseinrichtung ein Ziel erreicht werden, hinter dem ich nicht stehen kann? Wie loyal bleibe ich dabei? Kann allenfalls das Leitbild helfen für Begründungen eines Entscheides?)
- Für die Betroffenen?
(Wie soll er sich anschliessend fühlen? Welche nächsten Schritte müssen ihm klar sein?)
- Für Erziehungsberechtigte? (> im positiven Fall entsteht bei den Eltern das Empfinden, gebraucht zu werden, was sie stolz und zugänglicher macht)
- Für das Kind / den Jugendlichen?
(> dem Kind / Jugendlichen soll geholfen werden, und das geht nur gemeinsam mit den Eltern)
Beachten
- Vergegenwärtigung der Situation der Eltern, um eine förderliche Haltung für das Gespräch zu entwickeln
- Zudem Verständnis für die vorhandene Problematik aufbauen
- Ein "Problemgespräch" berührt grundsätzlich das Selbstwertgefühl von Eltern, was sich auf den weiteren Verlauf des Gespräches auswirkt
- Deshalb muss alles vermieden werden, was die Eltern in ihrer Selbstachtung verletzt, auch wenn sie "unvernünftige" Einstellungen und Verhaltensweisen zeigen
- Erziehungsberechtigte müssen "mit ihm Boot" sein
- Eine Bildungspartnerschaft im Kontext Schule (Dreieck: Eltern-LP-SuS) funktioniert nur gemeinsam
- Positive Aspekte / Entwicklung des Kindes / des Jugendlichen aufzeigen, nicht nur negative Punkte
- Gemeinsames Ziel definieren, macht es einfacher, sich mit den negativen Aspekten auseinander zu setzen
Konkret
Fragen an die angestrebte Gesprächsform:
- Ich-Botschaft? (spreche ich aus mir heraus oder im Sinne des Unternehmens?)
- Sachebene / Persönliche Ebene?
- Nonverbales, Tonfall, Stimme, Blickkontakt? ( je nach Kultur / Religion des Gegenübers kein Händedruck)
- Haltung? (beide auf Augenhöhe, wenn das Gegenüber aufsteht, stehe ich auch auf, genügend Abstand, darum Tisch dazwischen)
- Übersetzung? (geeignete [Kultur-] Dolmetscher einsetzen, Kinder und Jugendliche werden mit dem Übersetzen überfordert und in einen Rollenkonflikt gedrängt)
- Vorbereitung? (allenfalls jemanden im Schulhaus über das bevorstehende heikle Gespräch informieren und Alarmzeichen definieren
Beachten
- Gleichgewicht in der Gesprächsführung einplanen, damit der Betroffene / die Erziehungsberechtigten nicht in die Passivität gedrängt werden
- Optimale Klarheit für den Ablauf des Gesprächs schaffen, denn alle Beteiligten stehen unter Stress – und dieser schränkt die Wahrnehmung ein
- Gesprächsregeln gemeinsam zu Beginn des Gesprächs definieren
- Wie lange ist das Kind / der oder die Jugendliche im Gespräch mit dabei?
- Pausen einplanen / anbieten
- Getränke anbieten
- Raum für Emotionen, sich auf den Umgang damit vorbereiten
Konkret
Fragen an die angestrebte Dokumentation:
- Protokoll / Gesprächsnotiz?
(Klären Sie zu Beginn, was aufgeschrieben wird und warum) - HR-Dossier?
(Klären Sie zu Beginn, was damit geschieht, wer davon Kenntnis haben muss? [z.B. die Erziehungsberechtigten von Kindern, Jugendlichen]) - Gegenseitige Kenntnis?
(Lassen Sie allenfalls bestimmte [auch vorbereitete] Textabschnitte lesen und unterschreiben)
Quelle: KRISENKOMPASS®-Schule